Erste richtige Entscheidung in der zweiten Saison

  • Gude, ich bin Pascal aus dem Kreis Groß-Gerau im Rhein-Main-Gebiet, mit 30 Jahren seit anderthalb Jahren Motorradführerscheinbesitzer und seit März 2018 verliebt in meine blaue FZ-8. Ich möchte im Folgenden meine Geschichte erzählen:


    Angefangen hat alles im Januar 2016, als sich mein beruflicher Lebensweg mit dem eines ehemaligen Mit-Azubis erneut kreuzte. Dieser hatte zwischenzeitlich den Motorradführerschein gemacht und war mit seiner 2010er Triumph Speed Triple 1050 Feuer und Flamme für das Thema. Mich interessierten Motorräder bis dahin null-komma-null.


    Da er aber ein sehr begeisternder Typ ist, entschloss ich mich Ende August, den Schein zu machen - damit endlich Ruhe ist . Das ganze zog sich dann wegen begrenzter Freizeit über drei Monate hin und am 01. Dezember bestand ich bei -2°C meine praktische Prüfung auf einer Yamaha MT-07, die für meine 188cm Körpergröße schon recht schmal bemessen war.

    Nachdem meine Finger wieder aufgetaut waren, stellte sich die Frage, welches Mopped denn nun für mich am besten passen könnte. ABS sollte es haben, unbedingt eine Windschutzscheibe und natürlich würde es ein Zweizylinder sein. Im Sinne der Freundin, der Mutter und meiner Krankenversicherung wollte ich als Fahranfänger keine 1.000er und nach Vorgabe meines Sparbuchs lag das Budget bei 3.500 EUR.

    Ich stellte mir das Motorradfahren damals noch so vor, dass man einfach irgendwohin fährt, wo es schön ist und das Geradeausfahren über die Autobahn mit dem Motorrad eben etwas spannender ist, als im Auto. Unter dieser - zugegeben, recht naiven - Prämisse und subjektiv eingeschränkt durch meine Körpergröße schien mir eine Reiseenduro das Motorrad der Wahl zu sein.


    Schnell war als optimales Einstiegsmotorrad die Suzuki DL650 V-Strom ausgemacht, die es seit 2007 mit ABS gab und die einen kultivierten V2 besitzt. Die Optik ist nicht jedermanns cup of tea, aber in blau konnte ich sie mir vorstellen und die nachdem ich die Blinker, die ich als Alien-Ohren besser platziert sähe, durch schmale LED-Indikatoren ersetzte, war sie sie für mich ein optisch solides Fahrzeug:




    Als ich auf der ersten großen Tour durch den Schwarzwald die ersten Materialverluste an den Fußrasten hinnehmen musste, gewann ich neben den anerkennenden Blicken meiner Mitfahrer und dem Titel "Der Rastenschleifer" den Eindruck, dass irgendetwas nicht so richtig passt. Das Fahren strengte mich in höchstem Maße an. Ich bekam Kopfschmerzen und war nach einer Ausfahrt gestresst wie VW-Vorstände auf Pressekonferenzen.

    Sicherlich lässt sich ein Teil durch meine verkrampfte Fahrweise begründen, die ich als Fahranfänger nur langsam ablege, den anderen Teil schob ich aber auf das Motorrad.

    Bekräftigt wurde der Eindruck ausgerechnet, als meine "Blaustrom" im Sommer 2017 zur 24.000er Inspektion mit Ventilspielkontrolle in der Werkstatt war. Besagter Arbeitskollege lieh mir über diese Zeit seine Speedy für meine täglichen Fahrten zur Arbeit und kaum saß ich im Sattel und hatte meine Angst vor den 132 PS in Respekt umgewandelt, glaubte ich zu erkennen, was der Unterschied zum Stressfaktor V-Strom war: Der Wind.


    Der Fahrtwind, bzw. dessen Verwirbelungen wurden auf der Japanerin über die Scheibe punktuell auf meine Stirn konzentriert. Mein großer Schädel und die damit verbundene Helmgröße wirkten dem nicht mildernd entgegen. Wenn man nur sein eigenes Motorrad fährt, kennt man es nicht anders. Auf der Speedy war ich wie befreit von all dem Stress und genoss jeden Meter. So entspannend kann Motorradfahren sein.

    Ich gab der Suzi jedoch noch eine Chance, denn ich hatte sie mit der laut Forum idealen MRA-Vario-Touringescheibe gekauft. Da sich mittels des integrierten Spoilers jedoch keine Position finden ließ, bei der ich die Verwirbelungen aushalten konnte und ich fairerweise auch nicht leugnen kann, dass ich bei dem scharfen Antritt der Speedy Blut geleckt hatte, war Ende 2017 klar, dass ich in meiner zweiten Saison Naked-Bike fahren würde.


    Im Februar 2018 fand ich einen Käufer für meine Suzuki mit frisch kontrolliertem Ventilspiel und hatte bereits den Winter damit verbracht, das richtige Naked-Bike für mich zu suchen. ABS war weiterhin Pflicht, es durfte logischerweise KEINE Scheibe verbaut sein und das Budget hob ich an auf 5.000 EUR. Von der Existenz einer Yamaha FZ-8 wusste ich damals nichts.

    Ich kannte die MT-09, welche mir in polarisierenden Night Fluo richtig gut gefallen hätte, aber diese sprengte das Budget und ich saß auch nicht so richitg gut drauf. Ich kam mit den Füßen an die Soziusrasten - ein wohl bekanntes Phänomen.

    Eine Honda CB1000R wollte ich Probe fahren, da aber schon der Modellwechsel vollzogen wurde, hatte kein Händler mehr eine alte da. Optisch gefiel sie mir auch nicht. Motorradsuche kann so anstrengend sein. Speedy und Streety zu klein, Duke zu anfällig, SuperDuke zu teuer, Hypermotard zu exotisch, Hornet 900 kein ABS, CB1100 zu viel chrom, bonneville zu klein, Z900 kniewinkel zu spitz, z1000 auch komisch, Z750 zu klein…

    Viele habe ich Probe gesessen, für unzählige auf cycle ergo durchsimuliert, Tests gelesen, Videos geschaut. Ohne dass mich irgendetwas wirklich begeistern konnte.


    Wieder war es der Arbeitskollege: "Was ist denn mit dieser Yamaha FZ-8? Naked-Bike, ABS, Deine Preisklasse und laut Foren auch für größere passend."


    Nicht mal eine Woche später stand sie vor mir: Dunkelblau, mit pfeilspitzförmigen LED-Blinkern, kurzem Heck, BOS-Auspuff, Bugspoiler, flachen Spiegeln, Soziusabdeckung, Rizoma Kettenschutz... - der Vorbesitzer muss investiert haben. Sie hatte zu wenig Luft und eine Kante im Vorderreifen, was ich auf der Probefahrt spürte, aber irgendwie hatte sie was. Der analoge Drehzahlmesser mit dem digitalen Geschwindigkeitsanzeiger, die integrierte Doppelrückleuchte, die goldene Upside-Down-Gabel, der mattschwarze Motorblock. Der rotzig-röhrende Sound und der Antritt, der spätestens ab 6.000 Umdrehungen die Arme langwerden lässt zusammen mit dem präzise zu bedienenden Getriebe und der bissigen Bremse überzeugten mich vollends. Ich fuhr sie im Regen bei 5°C Außentemperatur 150 km nach Hause. Als erstes schraubte ich das eine Zubehörteil ab, das mir die Zehennägel nach oben rollen ließ: Die GIVI Scheibe :-D Das ist jetzt knapp vier Monate her.





    Inzwischen habe ich den Michelin Road 5 aufziehen lassen und damit 4.000 KM mit breitem Grinsen Kurven gezogen. Sie ist für mich aktuell das perfekte Motorrad. Die viel beschriebene Handlichkeit einer 600er und einen Punch ähnlich einer 1000er - muss ich hier sicherlich keinem beschreiben. Jeder, dem ich sie widerwillig überlasse sagt: "Wow, ist die handlich!". Viel habe ich mit ihr schon gelernt, noch mehr muss ich noch lernen, aber ich fühle mich jederzeit wohl und mein Herz schlägt höher, wenn ich sie im Carport stehen sehe - mehr kann ich nicht wollen.


    TL;DR: Seit Ende 2016 Führerschein; Suzuki V-Strom passte nicht; seit März 18 glücklich mit FZ8.



    Die Themen, die mich aktuell beschäftigen, weshalb ich auch teiweise das Forum aufsuche:


    - Habe zu den ganzen Anbauteilen keinerlei Dokumente, die Spiegel halte ich schon mal für illegal, haben keine Modellbezeichnung, kein E-Prüfzeichen, nix. Die werde ich kurzfristig ersetzen. Den Rest kann ich sicher rausfinden, welche Teile es sind.
    - Brauche für die Kettenpflege einen Montageständer, will aber keine 300 EUR ausgeben. Möchte hier noch herausfinden, ob Bobbins grundsätzlich schleifen können. Denn das wäre mir aus nachvollziehbaren Gründen nicht recht.
    - Sollte ich langfristig glücklich mit ihr werden wollen, werd ich sicher über ein neues Federbein nachdenken, hier habe ich schon gelesen, kann man sich zwischen Öhlins und WIlbers entscheiden.



    So, besten Dank an alle, die bis hierhin druchgehalten haben und allerseits gute Fahrt :-)

  • Hallo!

    Willkommen hier im Forum!

    Toller Bericht. Hat Spaß gemacht zu lesen!

    Bobbins habe ich keine. Zum Kette schmieren und für den Reifenwechsel habe ich einen Hauptständer.

    Sehr praktisch.


    Viel Spaß noch mit Deiner FZ8!


    Gruß

    Stefan

  • Nice writing! :-)


    Nein, die Bobbins schleifen beim Fahren nicht (jedenfalls bei mir nicht, was nicht viel heißen muss!) - Der passende Montageständer dazu ist für unter 50 Euro zu bekommen. Also ran, dann freut sich die Kette über Pflege...


    So sieht das dann aus!

    LG
    Hans


    Sobald Du auf dem Moped sitzt, immer mit der Unachtsamkeit anderer rechnen, denn


    Jede Jeck is anders!
    („Jeder Narr ist anders!“)
    Übe Toleranz und Nachsicht dem anderen gegenüber, im Wissen um die eigene Unvollkommenheit.

  • Vielen Dank, Euch!


    Würde gern mal dein BOS hören :) Siehe Auspuffthread SC Project.


    Ich werde gerne mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln mal ein Video machen, auf dem man den Sound gut hört. Ansonsten müssen wir mal zusammen in den Odenwald fahren ;-)


    Wahrscheinlich und laut Tests gibt es lautere, tiefere und mehr ballernde als den BOS, aber ich mag das Design und dass er mich keine hunderte Euros gekostet hat.



    Der passende Montageständer dazu ist für unter 50 Euro zu bekommen. Also ran, dann freut sich die Kette über Pflege...

    Hab mich für einen von motea entschieden und da auch gleich bobbins mitbestellt. Für 70 EUR mit Rangierhilfe kann ich erst mal nicht meckern.

  • Hallo und willkommen hier im Forum.

    Toller Bericht! Ich hatte auch das Vergnügen, die von dir beschriebene Suzuki zu fahren. Hast alles richtig gemacht, den die Suzuki fährt sich ganz anders als die FZ8, die ich selbst weiterhin auch fahre. Macht einfach Spaß und ist ein tolles Moped.